Mittwoch, 30. Oktober 2013

Lagebericht

Ich schreib diesen Eintrag, währenddem theatralische Stimmen in Hindi aus dem Fernsehen im Nebenzimmer zu mir dringen.

मी नहम सोन्या हे। भाग मिल्खा भाग। आईएम राइटिंग रैंडम स्टफ एंड होप नोबडी

Die Sprachen in Indien sind mystisch (Hindi), emotionsvoll (Gujarati) und einfach witzig (Tamil). Alles in allem faszinierend. Und da ichnur von Englisch und ansonstem einem birebitzeli von einem Gewurschtel dieser drei Sprachen umgeben bin, hab ich noch fast nichts an indischer Sprache gelernt. Vereinzelte Woerter kenne ich, aber nie genug, um einen echten Satz zu bilden. Hoffentlich aendert sich das bald, indem meine Schule mir Sprachunterricht organisieren kann. Mann darf ja nicht wie in der Schweiz erwarten, dass drei Monate genug Zeit ist zum Organisieren.

Klassenkameraden - wenn wir's schon von der Schule haben


Was ich langsam merke: Ich brauche wieder eine Aufgabe, was zu tun. Es war schoen, einfach mal und mit ziemlich wenig Stress vor mich hinzuleben. Doch bin ich von Natur aus eine, die gerne etwas ausgelastet ist. Deshalb nehme ich mir schwer vor, Yoga anzufangen und mich langsam ans Tamil oder Hindi lernen zu machen. Beides klappt nicht so gut im Selbststudium. Da ich mich Organisationstechnisch den Indern angepasst habe, packe ich das alles nicht im Nu an und fresse ( hab um die 5 Kilo zugenommen), philosophiere und schreibe Briefe an meine Lieben (Habt ihr noch keinen Brief von mir gekriegt, heisst das nicht, dass ihr nicht zu meinen LIeben gehoert)  Nebenbei lese ich 'eat. pray. love', was mich zum noch mehr Essen, noch mehr Philosophieren und noch mehr Brifeschreiben anregt. Und so fuellen sich die Tage auch.


Das erste mal Mendhi selber probiert...

Das Backen gibt es dann auch noch. Meine Gastschwester und ich haben uns vorgenommen 75 Rezepte umzusetzen. Auch wenn es uns vorkommt, dass wir jede freie Minute in der Kueche stehen, haben wir erst 19 Desserts verwirklicht.

Banoffee Pie

Mein Blogeintrag waere nicht komplett, wenn ich nicht von einer vergangenen oder bevorstehenden Festlichkeit berichten wuerde. Dieses mal handelt es sich um DIWALI - so etwa das groesste Fest im Sueden. Bei Diwali handelt es sich um das Fest der Lichter. Das ganze Haus wird mit stimmungsvollen Laempchen und Kerzen dekoriert und Feuerwerke werden abgelassen. Ausserdem schenken sich alle einander indische Suessigkeiten. Und sag ich alle, meine ich alle. Man bekommt Suessigkeiten vom fernsten Bekannten und Verwandten (und wenn die Schwester des Ehemannes deines Bruders Tochter immer noch deine eigene Tochter genannt wird, sind die fernsten Verwandten wirklich fern), bis das Haus von Leckereien, deren Namen ich nciht kenne, ueberquillt. Eine weitere Diwali - Tradition ist das Zusammenkommen um Karten/Poker zu spielen. Alle zwei Tage kommen also kleinere oder groessere Gruppen (von 8 zu 50 Leute) in unser Haus und es wird geschnaederet, Geld verloren und natuerlich gegessen. Das eigentliche Diwali findet dieses Wochenende statt.
Warum man dieses Fest eigentlich feiert, ist etwas schwerer zu erklaeren. Ganz viele verschiedene Ereignisse wie der Triumph des einen Gottes ueber einen Daemon, oder die Rueckkehr des anderen Gottes oder sogar die Geburt noch eines weiteren, haben zu Diwali beigetragen.


Nach nun mehr als drei Monaten in Indien (Rechnerisch einem Drittel des Austausches) beginne ich die Schweiz zu vermissen. Manchmal stärker, so dass ich mich frage, was ich eigentlich hier in Indien mache, und dann mal weniger stark und ich kann mich über mein Jahr hier einfach nur freuen.

Was ich zugeben muss: Ich vermisse Fleisch. Naja, Fleisch an sich fehlt mir nicht so fest, es sind eher all diese feinen Gerichte, die nun mal Fleisch beinhalten. Ich meine hallo, Spaghetti Bolognese, Nuedeli mit Rahmschnitzel, Omeletten mit Hackfleisch... 





Montag, 14. Oktober 2013

Rattern, Quatschen, Tanzen

Zuruek und schon wieder erholt vom 7- Taegigen Ahmedabadtrip. Ahmedabad liegt in Gujarat, im Norden Indiens.

Der Grund der Reise: AFS Ahmedabad Chapter laedt die Austauschschueler von ganz Indien nach Gujarat ein, damit wir die Kultur kennenlernen, mal reisen koennen, zusammenkommen und vorallem Navratri erleben koennen. Navratri ist das groesste Tanzfest der Welt. Man feiert den Sieg des Guten ueber das Boese. Mein Hintergrundbild zeigt uebrigns Navratri.

Dort hat's Kamele! Und zwar viele!


Da wir den groessten Teil (4 Tage) eigentlich im Zug verbracht haben, will ich darueber aber zuerst schreiben.

Zuege. Indische Zuege. In denen man 34 Stunden am Stueck verbringt.

Hygienemaessig darf man natuerlich nicht allzuviel erwarten. Die Sitze/Betten und die Laken sind groesstenteils sauber. Alles andere ist einfach schmuddelig. Sogar die Klo's sind in Ordnung wenn man Glueck hat oder einfach nicht so genau hinschaut. Nach 1.5 Tagen umgeben von eingetrockneten Sossenfelcken, Spinnweben und staubueberdeckten, braun gewordenen Kaugummis sehnt man sich trotzdem nur noch nach einer Dusche.
Das sewrvieret Essen war nicht gut. MIt Tee konnte man sich jedoch hinwegtroesten.
All zwei Sekunden verkaufte jemand Tee, indem er sich "Chai, Chai, Masala Chai" rufend durch die Gaenge quetschte. NIcht nur Tee wurde so angeboten sondern auch Nuesse, Plastikspielzeug, Indian's best Samosas (die ganz und gar nicht 'Indian's best' waren), Kaffee oder Bananen. Bei unserem Abteil blieben sie immer ein paar Sekunden laenger haengen mit dem geschockten Blick "Oh Guete, auslaendische Jugendliche!" im Gesicht.
Irgendwann hoerte man die sich wiederholenden Kaufschreie und das Rattern des Zuges nicht mehr.


4-er Abteil

Die Tueren sind nie geschlossen...

Die Zeit im Zug verbrachten wir (die 5 Austauschschueler aus Chennai) vorallem mit Filmen. Und mit friehren. Wir waren naemlich im Air Condition Wagon - was ja gut waere, wenn nicht die meisten indischen Maenner total keinen Sinn fuer Temperaturen haetten und 18 Grad Raumtemperatur verlangen wuerden.

Wir hatten bei der Hinfahrt und der Rueckfahrt zwei verschiedene Zugtypen. Beim ersten gab es 4-er Abteile auf der einen Seite (2 unten 2 oben) und 2-er (1 unten 1 oben, laengsweg) auf der anderen. Beim zweiten Zug waren's nicht mehr 4-er Abteile, sondern 6-er ( drei Etagen, das heisst nicht genug Platz um aufrecht zu sitzen).
Bei der Hinfahrt hab ich leider den bloedsten Platz im ganzen Zug verwuetscht: Das obere Bett an der Seite, direkt vor der Wagontuere. Air Condition direkt auf mich gerichtet. Die Tuere von naechtlichen Klogaengern immer wieder quitschend aufgestossen. Zusammengequetscht. Und da der Vorhnang kaputt war und ich direkt auf Augenhoehe lag auch immer wieder angestarrt.
Zum Glueck war die Nacht kurz - um 6 Uhr morgens begann das Traellern von 'Chai Chai, Masala Chai' wieder.

Das waren aber auch die einzigen Strapazen der ganzen Woche! Die war naemlich einfach toll!


In Ahmedabad wurden wir in neue Gastfamilien untergebracht. Bei meiner Familie handelte es sich um ein 60-jaehriges Ehepaar mit einem etwa 30-jaehrigen Sohn mit Ehefrau und ihrem 2-jaehrigen Kind.

Sie waren alle zusammen suess. Das englisch des Ehepaars hielt sich in Grenzen und so auch mein Gujarat. Trotzdem schafften wir es zu kommunizieren und verbrachten eine gute Zeit zusammen.

Am ersten Abend zeigten sie mir den Kankaria Lake in Ahmedabad. Ich staunte: Er war wirklich sauber, gut unterhalten, farbige Lichter, ueberall waren Mistkuebel (Die gibts sonst nicht...) und Baenke und Treppen am Wasser, die mich an Basel und den Rhein erinnerten. Eine friedliche Stimmung.

Der Grund fuer dieses Naherholungsgebiet inmitten der Stadt: Die 'City Cooperation' und der Minister der oertlichen Regierung tut etwas! Ahmedabad ist ein Vorbild fuer ganz Indien.


Kankria Lake at night
Am naechsten Morgen war ich wieder mit meinen Gasteltern unterwegs...


Warum diese Foto? schaut mal genau hin. Menschenleer! Keine einzige Seele! Sauber! Kein einziges Papierchen! An das war ich echt nicht mehr gewoehnt...





Freude! Den Arsch hab ich gerade noch verwuetscht



Altstatt, krumm, zusammengewuerfelt und schnusig
Irgendwann war dann Nachmittag und endlich lernten wir 50 Austauschschueler uns kennen. Die meisten kamen von Italien, USA und Deutschland aber es gab auch viele Einzelgaenger wie ich, die als einzige ihres Landes nach Indien kamen.
Wir quatschten unbegrenzt und lernten Garba. 

Garba ist einer der Taenzarten fuer Navratri. Man formt einen Kreis und alle machen die gleichen Schritte. So bewegt man sich klatschend und schnoerkelnd und drehend im Kreis. Je nach Schritt oder Schnelligkeit variert auch die Schwierigkeit. 
Schnell wurden wir angesteckt und wirbelten lachend auf dem Grasfeld herum. 

Am Abend galt es aber ernst: Traditionell dressed-up  gingen wir als Fraktion von Austauschschuelern und freiwilligen zu einem echten Garba ( Auf riesigen, abgesperrten Gebieten mit Live Musik, Buehne, Lichtern, Ehrengaesten usw.). Das war ein Ding! Schnell lief uns der Schweiss den Ruecken hinunter in unseren schweren Kleidern, denn wir tanzten wie verrueckt gewordene! Garba versetzt dich schon fast wie in eine Trance.
Wir wurden gefilmt und fotografiert und auf die Buehne eingeladen. Alle hatten Freude und Auslaender so mitmachen zu sehen.

Ich jedoch hab die Kamera nicht gezueckt - war zu beschaeftigt ;)


Nach 5 Stunden Schlaf gabs eine Sight seeing tour mit AFS. Ehrlich gesagt: Wieder redeten wir mehr, als dass wir uns die Orte angesehen haben.




Abstecher bei Gandhiji's Ashram, in dem er 30 Jahre lang gelebt und philosophiert hat.

Wunderschoene Architektur um einen Wassergraben. Gebaut fuer die Reisenden und Pilgern um Rast zu haben, Essen zu kochen und die Wasservorraete aufzufrischen. Die Zysterne konnte 1500 Leute fuer einen ganzen Monat mit frischem, sauberem Wasser versorgen!

 


Dieser Abend (Sowie auch den naechsten) feierten wir wieder Navratri bis spaet in die Nacht! Wir kamen sogar im lokalen Fernsehen.


Mit Enkel und Navratrikleid


So sieht's etwa aus. 


Nocheinmal ein entschuldigung, ich haette von Navratri viel mehr Bilder machen sollen, denn es ist ein Fest fuer die Augen! Aber seid ihr interessiert, Googelt doch einfach mal...


Der Block feiert Navratri zusammen und versammelt sich vor dem extra aufgestellten und dekorierten Altar.




AFS exchange students


Mittwoch, 2. Oktober 2013

Los geht's!

Mich und Ahmedabad trennen 1891 km. Diese sollen jetzt durch 32 Stunden im Zug überwunden werden!

Freu mich schon jetzt, euch von meinen Erlebnissen in Gujarat zu erzählen.

Aber ab ins Zügli jetzt!