Zwei Wochen
ists schon her, als wir mit einem Domestikflug im Flughafen Chennai sanft
gelandet sind. Und das vorherige Jahr noch sind wir abgehoben. Ziel: Gujarat.
Auf dem
Plan standen Kutch – eine Wuestenregion, welche zudem an Pakistan grenzt – und
Rajkot, eine grosse, kleine Stadt in Gujarat und die Heimatstadt meiner
Gastmutter.
Kutch:
Im Auto
sind wir durch den Staat getuckert (Strassen sind ueberigens in sehr gutem
Zustand). Diese Stunden im Auto finde ich sehr wertvoll. Was ich alles zu sehen bekomme, wenn ich aus
dem Fenster schaue, ist unbezahlbar: Schafhirten mit roten Turbanen, die
inmitten der weissen Tiere aufleuchten, auf der Strasse stetig
vorwaertstrottend, waehrenddem Autos und Trucks an ihnen vorbeisausen. Ich sehe
Frauen, in den traditionellen, bunten Roecken, Kruege oder Schuesseln auf den
Kopf gestapelt, mit einem zielsicheren Blick. Jungen, lebensfroh umherrennend
und Witze reissend, mit Stoecken in der Hand, den Kuehen hinterherjagend.
Maedchen mit fliegenden Drachen, traeumerisch
in den Himmel schauend.
Genau diese
Einblicke in das Alltagsleben dieser so anderen Parallelwelt sind es, die mich
an Indien am meisten faszinieren. Ein
Land, das die modernsten Autos und Technologien importiert, Metros baut, in italienische Restaurants geht und eine
riesige Economie hat. Und nebenbei leben mehr als die Haelfte in Doerfen, als
Hiretn, Bauern oder Stickerinnen. Dass Indien diese Diversitaet hat ist
Allgemeinwissen. Diese Diversitaet zu erleben ist jedoch nochmal etwas anderes.
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Morgenspaziergang in Puutsch |
Die andere
Haelfte der Autoreisen haben wir mit Singspielen und Aehnlichem verbracht. Ach
wie waren wir in Stimmung! Gereist sind wir eben auch noch mit der lebensfrohen
Familie des Onkels.
Uebernachtet
haben wir zweimal bei einer Verwandten in Putsch (liebe Leute) und einmal in
einem Zelt in der Wueste.
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Wir sind stolz auf unser Zelt |
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Mit meinen neuerworbenen Cousins |
Hier
hervorzuheben sind die Temperaturen. In
der Nacht fielen sie bis unter 10 Grad. Und es war kaaaallttt! Ja, ich hoer
euch lachen in der Schweiz. Aber 10 Grad sind nochmal ein Stueck schlimmer,
ohne Winterjacken und in ungeheizten Haeusern. Kaeltere Temperaturen werde ich
in Indien wohl nie erleben.
So sind wir
also in Kutch herumgereist, haben die endlose
Wueste (Salzwueste), antike Staetten und viele Sonnenauf – und
Untegaenge gesehen. Genaueres unter den Bildern.
Meine
Gatmutter und ich hatten endlose Freude an den Handwerksprodukten dieser
Region. Auf der Liste, der schoensten Dinge der Welt, muessten die bestickten
Schaele, Gehaengsel, Roecke und Taschen von Kutch auf jedenfall vertreten sein.
Wir haben freudig Eingekauft - man kommt ja nicht so schnell wieder.
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Am Abend in der Zeltstadt war das einzige, das uns warm hielt, beim Garba der Angestellten mitzutanzen oder ums warme Feuer zu stehen. Da haben einige erstaunt gekuckt, dass so ne Weisse Garba tanzen kann! Ich hab es in Ahmedabad fuer Navratri gelernt. |
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In einem Palast, gebaut unter der Herrschaft der Briten. Die Raeumlichkeiten lassen, obwohl in miserablem Zustand - von ihrem ehemaligen Glanz und ihrer Traumhaftigkeit traeumen. Ein Paradies von orientalischen Lampen, kostbaren Mosaiken, einem Raum rundum voller Spiegel (der Name des Palasts ist deshalb auch Spiegelpalast), indischen Instrumenten, einen Trohnsaal voller Kissen... wie aus einem Maerchen! |
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Die Salzwueste im 'Rann of Kutch' |
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Die Unendlichkeit der Wueste war wunderschoen und wurde mit dem Sonnenuntergang noch mystischer.
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Auf der Touristenplattform in der Wueste hatte ich noch ein anderes Erlebnis. Erschoepft bin ich auf einen Stein gesunken und als ich aufgeschaut habe, sah ich ploetzlich eine Schar gleichaltriger Maedchen um mich stehen und auf mich runter schaue. Ich laechle sie (etwas verwirrt) an und sie laecheln zurueck, worauf sie wild miteinander in Gujarati reden. Innert Sekunden wird es still und sie schauen wieder auf mich runter. Sie waren echt ueberall, sie haben mich umzingelt. "What is your goodname?" Fragt nun die erste mit gebrochenem English. Ich beantworte ihre Frage und jetzt prasseln sie los: wie alt ich sei, dass sie hier in Schulferien sind, wie schoen ich sei (ist ja nett, fand ich aber mehr unangenehm als schmeichelnd), was ihre Namen sind... Als sie dann merken, dass ich mich eher unwohl fuehle, verabschieden sie sich.
In Chennai werd ich schon manchmal angestarrt oder etwas anderst behandelt (beforzugt), aber ich verstehe nun, warum Chennai als eine moderne, sogar westliche Stadt bezeichnet wird (obwohl Chennai eigentlichnsehr konsevativ ist). Generell sind Weisse in Indien immernoch 'speziell'. Man sieht sie (vorallem in laendlichen Gebieten) nicht oft. Und wenn man Weisse sieht, sinds meistens Maenner um die 50 mit abenteuerlichen Baerten und nicht 16 jaehrige Maedchen in vollkommen indischer Begelitung,
So wurde ich gefragt, fuer Fotos zu posen oder noch schlimmer, wurde im Geheimen fotografiert. Ich wurde angestarrt, angesprochen und so weiter.
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Armee auf Kamelen (Die indische Armee ist dauernd praesent in dieser Gegend wegen der nahen pakistanischen Grenze. Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan hat mit der Aufteilung des Gebiets nach der Unabhaengigkeit 1950 von den Briten zu tun. Muslimen wollten ihr eigenes Land. Also wurde ihnen Pakistan und Bangladesh gegeben. Das ist ihnen aber scheinbar nicht genug. Mehrere Attaken in Indien werden auf das Konto von Pakistani geschoben. Es ist alles noch ein bisschen komplizierter...) |
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Ein antiker Sonnentempel mit grossem Wasserbecken. Frueher hatten alle Tempel einen 'Pool' weil man sich grundsaetzlich wusch, bevor man beten ging. Es war auch eine sehr wichtige Einrichtung fuer die Hygiene der Pilgern und Reisenden.
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Rajkot:
Ich durfte
meine neuen Cousinen und Cousins und Onkel und Tanten und Grosseltern
kennenlernen - allesamt supernett. Die
Zeit verbrachten wir mit viel Essen (natuerlich) und jeglichen kleineren
Aktionen in der Stadt.
An einem
Abend um 10 sind wir losgefahren und haben alle Strassenessensstaende
abgeklappert, die es gab: Zuckerrohr, Buttermais, Zuckerrohrsaft, geroestete
Kichererbsen, Samosas und am Schluss noch Kuchen. Ach, hatten wir Freude daran
und ach, waren wir voll!
Ebenfalls
haben wir ins neue Jahr hineingefeiert. Keine Angst, wir blieben nuechtern.
Gujarat ist ein 'dry State', was heisst,
es wird kein Alkohol verkauft.
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Besuch bei einer Stoffdruckfabrik - auf die traditonelle Art |
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Streetfood |
Zum Ende noch ein "Leserkommentar" zu meienm letzten Eintrag. Mein Papa triffts gerade auf den Punkt!
"Mit Interesse habe ich deinen Blog zum Thema 'Weihnachtskultur" gelesen.
Das Spannende daran ist ja, dass bei uns die christliche Botschaft den bereits bestehenden Kulten übergestülpt wurde (Jesus ist ja nicht wirklich am 24. Dezember geboren und Tannenbaeume oder Krippen gabs in der frühen Christenheit auch noch nicht). Statt dass dies auch in Indien geschehen wäre oder noch würde, übernimmt man einfach eine Form, ohne dass sie mit bereits bekannten Ritualen verknüpft wäre. So bleibt natürlich alles irgendwie hohl. Oder?"