Sonntag, 26. Januar 2014

War mal kurz in Europa...


Auf den Strassenschilder 'Rue du Saint Laurent', ' Rue Romain Rolland', 'Rue Labourdonnais', die Haeuser in franzoesischem Stil, unzaehlige Weisse. Nein, nicht ganz Frankreich, dafuer Pondicherry: Die franzoesische ex-Kolonie Indiens. 

Zusammen mit 12 Tanten und Onkeln meines Gastvaters sind wir waehrend den Pongalferien ( Pongal ist das Erntefest der Tamillen) nach Mahabalipuram und Pondicherry (3 Autostunden entfernt) gefahren. Beides beruehmte Touristenorte; 



Nunja, das ist auch schon zwei Wochen her und darum muss ich alles aus dem hinteren Teil meines Hirnis ziehen.  

Pondicherry genoss ich wirklich! Ach wie hab ich's vermisst einfach mich zu Fuss fortzubewegen und auch ziemlich unabhaengig mit meiner Schwester herumzubummeln. So konnten wir Spaziergaenge am Strand um jede Tageszeit machen, in einem franzoesischen Cafe mit Kunstgallerie sitzen oder frisch gebackenes Brot in einem der vielen 'Auroville' - shops zu finden.

Auroville ist ein weiterer grosser Bestandteil der Region. Es ist eine Gemeinschaft gegruendet vor etwa 50 Jahren von zwei Auslaendern  ( der Sri Aurobindo und der sogenannten 'Mutter') gegruendet. Die Vision dieser geplanten, internationalen Stadt etwas auswaerts von Pondicherry ist: 

  1. „Auroville gehört niemandem im besonderen. Auroville gehört der ganzen Menschheit. Aber um in Auroville zu leben, muss man bereit sein, dem Göttlichen Bewusstsein zu dienen.
  2. Auroville wird der Ort des lebenslangen Lernens, ständigen Fortschritts und einer Jugend sein, die niemals altert.
  3. Auroville möchte die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft sein. Durch Nutzung aller äußeren und inneren Entdeckungen wird Auroville zukünftigen Verwirklichungen kühn entgegenschreiten.
  4. Auroville wird der Platz materieller und spiritueller Forschung für eine lebendige Verkörperung einer wirklichen menschlichen Einheit sein.

Also ihr seht, Auroville ist ein ziemlich spiritueller Ort. Etwa 2000 Menschen der ganzen Welt wohnen etwa dort, leben in Einfachheit, mit Meditation und dienen der Gemeinschaft.
Man kann der Gemeinschaft jedoch nicht einfach so beitreten. 'Die Mutter' muss einem begegnen und rufen. Und bevor man nach Auroville kommt, muss man all seine weltliche Gueter aufgeben.



Es war sehr speziell, die goldene Kugel (das Zenter des Gelaendes) zu sehen. Rundherum sind jegliche Gaerten, viele davon noch in Bearbeitung.
Der ganze Ort war wie eine eigene Welt und aeusserst faszinierend! Eine mysterioese Atmosphaere, alles irgendwie der Zeit voraus. Und friendlich.






Die ganze Familie!!!! Endlich mal auf einem Bild vereint


Denkt man, Meditation, Ashrams, Gurus mit Lebensweisheiten, usw,sind ueberall in Indien. Jedoch ist die indische Kultur und Lebensweise in vielem das Gegenteil von Bescheidenheit, innerem Frieden oder Akzeptanz.
Ausserdem ist Pondicherry sehr sauber, hat kaum Autos und gut erhaltene, schoene Haeuser. Doch nach 3 Tagen in europaeischen Zustaenden hab ich mich auch wieder auf Indien gefreut.


Ein paar Tanten

700 Jahre alter Tempel in Mahabalipuram


Der weitbekannte 'Butterball' - Butterball. Man soll 1'00'000 Rupees bekommen, wenn man ihn bewegen kann






Donnerstag, 16. Januar 2014

Gujarat zum zweiten


Zwei Wochen ists schon her, als wir mit einem Domestikflug im Flughafen Chennai sanft gelandet sind. Und das vorherige Jahr noch sind wir abgehoben. Ziel: Gujarat.
Auf dem Plan standen Kutch – eine Wuestenregion, welche zudem an Pakistan grenzt – und Rajkot, eine grosse, kleine Stadt in Gujarat und die Heimatstadt meiner Gastmutter.


Kutch:
Im Auto sind wir durch den Staat getuckert (Strassen sind ueberigens in sehr gutem Zustand). Diese Stunden im Auto finde ich sehr wertvoll.  Was ich alles zu sehen bekomme, wenn ich aus dem Fenster schaue, ist unbezahlbar: Schafhirten mit roten Turbanen, die inmitten der weissen Tiere aufleuchten, auf der Strasse stetig vorwaertstrottend, waehrenddem Autos und Trucks an ihnen vorbeisausen. Ich sehe Frauen, in den traditionellen, bunten Roecken, Kruege oder Schuesseln auf den Kopf gestapelt, mit einem zielsicheren Blick. Jungen, lebensfroh umherrennend und Witze reissend, mit Stoecken in der Hand, den Kuehen hinterherjagend. Maedchen mit  fliegenden Drachen, traeumerisch in den Himmel schauend.
Genau diese Einblicke in das Alltagsleben dieser so anderen Parallelwelt sind es, die mich an Indien am meisten faszinieren.  Ein Land, das die modernsten Autos und Technologien importiert, Metros baut,  in italienische Restaurants geht und eine riesige Economie hat. Und nebenbei leben mehr als die Haelfte in Doerfen, als Hiretn, Bauern oder Stickerinnen. Dass Indien diese Diversitaet hat ist Allgemeinwissen. Diese Diversitaet zu erleben ist jedoch nochmal etwas anderes.

Morgenspaziergang in Puutsch





Die andere Haelfte der Autoreisen haben wir mit Singspielen und Aehnlichem verbracht. Ach wie waren wir in Stimmung! Gereist sind wir eben auch noch mit der lebensfrohen Familie des Onkels.
Uebernachtet haben wir zweimal bei einer Verwandten in Putsch (liebe Leute) und einmal in einem Zelt in der Wueste.


Wir sind stolz auf unser Zelt

Mit meinen neuerworbenen Cousins


Hier hervorzuheben sind die Temperaturen.  In der Nacht fielen sie bis unter 10 Grad. Und es war kaaaallttt! Ja, ich hoer euch lachen in der Schweiz. Aber 10 Grad sind nochmal ein Stueck schlimmer, ohne Winterjacken und in ungeheizten Haeusern. Kaeltere Temperaturen werde ich in Indien wohl nie erleben.
So sind wir also in Kutch herumgereist, haben die endlose  Wueste (Salzwueste), antike Staetten und viele Sonnenauf – und Untegaenge gesehen. Genaueres unter den Bildern.
Meine Gatmutter und ich hatten endlose Freude an den Handwerksprodukten dieser Region. Auf der Liste, der schoensten Dinge der Welt, muessten die bestickten Schaele, Gehaengsel, Roecke und Taschen von Kutch auf jedenfall vertreten sein. Wir haben freudig Eingekauft - man kommt ja nicht so schnell wieder.

Am Abend in der Zeltstadt war das einzige, das uns warm hielt, beim Garba der Angestellten mitzutanzen oder ums warme Feuer zu stehen. Da haben einige erstaunt gekuckt, dass so ne Weisse Garba tanzen kann! Ich hab es in Ahmedabad fuer Navratri gelernt.


In einem Palast, gebaut unter der Herrschaft der Briten. Die Raeumlichkeiten lassen, obwohl in miserablem Zustand - von ihrem ehemaligen Glanz und ihrer Traumhaftigkeit traeumen. Ein Paradies von orientalischen Lampen, kostbaren Mosaiken, einem Raum rundum voller Spiegel (der Name des Palasts ist deshalb auch Spiegelpalast), indischen Instrumenten, einen Trohnsaal voller Kissen... wie aus einem Maerchen!

Die Salzwueste im 'Rann of Kutch'
Die Unendlichkeit der Wueste war wunderschoen und wurde mit dem Sonnenuntergang noch mystischer.
 Auf der Touristenplattform in der Wueste hatte ich noch ein anderes Erlebnis. Erschoepft bin ich auf einen Stein gesunken und als ich aufgeschaut habe, sah ich ploetzlich eine Schar gleichaltriger Maedchen um mich stehen und auf mich runter schaue. Ich laechle sie (etwas verwirrt) an und sie laecheln zurueck, worauf sie wild miteinander in Gujarati reden. Innert Sekunden wird es still und sie schauen wieder auf mich runter. Sie waren echt ueberall, sie haben mich umzingelt. "What is your goodname?" Fragt nun die erste mit gebrochenem English. Ich beantworte ihre Frage und jetzt prasseln sie los: wie alt ich sei, dass sie hier in Schulferien sind, wie schoen ich sei (ist ja nett, fand ich aber mehr unangenehm als schmeichelnd), was ihre Namen sind... Als sie dann merken, dass ich mich eher unwohl fuehle, verabschieden sie sich.
In Chennai werd ich schon manchmal angestarrt oder etwas anderst behandelt (beforzugt), aber ich verstehe nun, warum Chennai als eine moderne, sogar westliche Stadt bezeichnet wird (obwohl Chennai eigentlichnsehr konsevativ ist). Generell sind Weisse in Indien immernoch 'speziell'. Man sieht sie (vorallem in laendlichen Gebieten) nicht oft. Und wenn man Weisse sieht, sinds meistens Maenner um die 50 mit abenteuerlichen Baerten und nicht 16 jaehrige Maedchen in vollkommen indischer Begelitung,
So wurde ich gefragt, fuer Fotos zu posen oder noch schlimmer, wurde im Geheimen fotografiert. Ich wurde angestarrt, angesprochen und so weiter.

Armee auf Kamelen
(Die indische Armee ist dauernd praesent in dieser Gegend wegen der nahen pakistanischen Grenze. Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan hat mit der Aufteilung des Gebiets nach der Unabhaengigkeit 1950 von den Briten zu tun. Muslimen wollten ihr eigenes Land. Also wurde ihnen Pakistan und Bangladesh gegeben. Das ist ihnen aber scheinbar nicht genug. Mehrere Attaken in Indien werden auf das Konto von Pakistani geschoben. Es ist alles noch ein bisschen komplizierter...)

Ein antiker Sonnentempel mit grossem Wasserbecken. Frueher hatten alle Tempel einen 'Pool' weil man sich grundsaetzlich wusch, bevor man beten ging. Es war auch eine sehr wichtige Einrichtung fuer die Hygiene der Pilgern und Reisenden.



Rajkot:
Ich durfte meine neuen Cousinen und Cousins und Onkel und Tanten und Grosseltern kennenlernen - allesamt supernett.  Die Zeit verbrachten wir mit viel Essen (natuerlich) und jeglichen kleineren Aktionen in der Stadt.
An einem Abend um 10 sind wir losgefahren und haben alle Strassenessensstaende abgeklappert, die es gab: Zuckerrohr, Buttermais, Zuckerrohrsaft, geroestete Kichererbsen, Samosas und am Schluss noch Kuchen. Ach, hatten wir Freude daran und ach, waren wir voll!
Ebenfalls haben wir ins neue Jahr hineingefeiert. Keine Angst, wir blieben nuechtern. Gujarat ist ein 'dry State', was heisst,  es wird kein Alkohol verkauft.




Besuch bei einer Stoffdruckfabrik - auf die traditonelle Art

Streetfood


Zum Ende noch ein "Leserkommentar" zu meienm letzten Eintrag. Mein Papa triffts gerade auf den Punkt!

"Mit Interesse habe ich deinen Blog zum Thema 'Weihnachtskultur" gelesen.
Das Spannende daran ist ja, dass bei uns die christliche Botschaft den bereits bestehenden Kulten übergestülpt wurde (Jesus ist ja nicht wirklich am 24. Dezember geboren und Tannenbaeume oder Krippen gabs in der frühen Christenheit auch noch nicht). Statt dass dies auch in Indien geschehen wäre oder noch würde, übernimmt man einfach eine Form, ohne dass sie mit bereits bekannten Ritualen verknüpft wäre. So bleibt natürlich alles irgendwie hohl. Oder?"