Montag, 24. Februar 2014

Tote Fische in der Morgensonne

Nachdem jetzt der erste Schub der Abschlusspruefungen durch ist (Die Pruefungen strecken sich ueber zwei Monate her), hab cih wieder mehr Freiziet und 'kann wieder leben'

Hier noch zu indischen Pruefungen:

Ich habe schon frueher einmal vom indischen Schulsystem geschrieben, welches das Gegenteil des schweierischen ist. Der Unterricht kann auch einfach als Schlafstunde uebersetzt werden. Meistens faellt er naemlich aus. Die Lehrerin kommt nicht und wenn sie kommt, fuehrt sie keine Stunde. Und wenn sie eine Stunde fuehrt, dann besteht es aus 'aus dem Textbuch vorlesen'.
Es macht naemlich gar keinen Sinn gross extrainformationen zu geben oder die Schueler zum Denken anzuregen oder den Unterricht spannend zu gestalten. Denn all das hilft den Schuelern nichts in den Pruefungen. Und die Noten und das Diplom sind am Schluss die Dinge, die zaehlen.
Das einzige was bei Pruefungen hilft ist aus dem Textbuch auswendig zu lernen. Jeden einzelnen Satz Wort fuer Wort ins Hirni schmeissen und dann in der dreistuendigen Pruefung aufs Blatt zu geben.

"Industrialization means the widespread development of manufacturing bulk quantities of goods, employing a lanrge number of people, promoting international market, specialization of skills, science and technologies, improving application of electronic, electrical and computer technologies in order to improve the economy of a country. Absence of such rigorous industrialization is the main reason for the backwardness of many poor countries too." (Source: Commerce textbook)

"According to Horace Sacrice: By statistics we mean the aggregate of fact effected to a market extent by multiplicity of causes numerically expressed, estimated or enumerated according to reasonable standards of  accuracy, collected in a systematic manner for a predetermined purpose and placed in relation to each other." (Source: Indian economy textbook) 

Diese Definitionen hab ich hier auswendig von mir gegeben, da ich sie so schoen fuer die Pruefung auswendiggelernt habe, zusammen mit 400 weiteren Definitionen.
Das Textbuch, unser aller bester Freund. Es besteht aus Grau und Weiss. Ist fast unleserlich weil eben grau und nicht schwarz, aufgrund der Qualitaet der Tinte. Wenn man Glueck hat fehlen keine Seiten. Bilder hat's nicht. Es sind Saetze um Saetze, die einen Sachverhalt mit komischen Satzstellungen viel komplizieter erklaeren, als er ist.
Und das beste: Der Sachverhalt hilft dir nicht im Leben. Gar nicht. Ein erfolgreicher Wirtschaftler wird nicht anhand seiner Faehigkeit, die Definition von Statistiken von sich zu geben, definiert.

Aber ja, man darf nicht so streng sein: Jeder sechste Primarschueler ist Inder. Und die Anzahl Schueler in Indien ist groesser als die Anzahl Einwohner Kanadas, Frankreichs, Englands und Schwedens zusammen. Und bei der Quantitaet leidet leider die Qualitaet.

Ausserdem beschreibe ich hier meine Schule und meinen Kurs (Wirtschaft und Buchhaltung). Es muss nicht auf ganz Indien zutreffen. Aber es trifft auf 99% zu.

Wie auch immer, die ersten Pruefungen sind vorbei und ich kann wieder Dinge unternehmen. So bin ich am Samstag mit meiner Schwester frueh aufgestanden und eine Bekannte hat uns zum Fischen mitgenommen.






Das meiste ist leider Abfall...




Ich fand es wunderschoen den Sonnenaufgang am (vollgeschissenen) Strand mitzuerleben. Die Maenner rannten mit den Fischernetzen ins Wasser und warfen sie aus. Nach ein paar Minuten wurden sie eingesammelt. Und doch: Es hat noch Fische im Ozean.
Es war eine Art Hassliebe meinerseits, dem Toeten und Bearbeiten der Fische zuzuschauen. Fand es widerlich aber ausserst interessant. Und als es dann um s Essen ging, war es mir wieder egal. Der Fisch war naemlich guuuut ( Was vorallem am feinen Masala lag).


mmmhm




Und das ist die Geschichte, wie ich nach 8 Monaten wieder einmal Fisch gegessen habe.




Freitag, 14. Februar 2014

Die letzten Wochen und als Zugabe Armut

Es wird wieder waermer und die ersten Mangos werden verschlingt: Der Sommer kommt und somit irgendwann auch meine Rueckkehr. ( Sommer in Suedindien heisst Mitte April - Mitte Juli)

Nun ja, 3 Monate hab ich noch. Die werd ich geniessen und auskosten!


Zuerst einmal will ich von verschiedenen Erlebnissen der letzen Zeit schreiben, waehrenddem ich  zu indischer Filmmusik hoere.


So habe ich zum Beispiel vor einer Woche das Buero meines Gastvaters besucht...

Er verkauft Air Conditioning Geraete und Zubehoer - vorallem von Siemens

Hier verbringt er jeden Tag von 11 bis 7

Uebersicht?
Ja, da hats mir aber einen gegeben. Haette nach 10 Minuten in dieser Umgebung schon fast angefangen abzustauben und aufzuraeumen. (Notiz: das ist nicht irgendwie der Lagerraum, das ist der Laden). Im kleinen Lagerraum liegen Akten der letzten 40 Jahren ( Das Geschaeft wurde vom verstorbenen Grossvater geoeffnet) und Wurzeln wachsen druch die niedrige Decke von einem Baum ausserhalb.

Gruende fuer diesen anti-schweizerischen Zustand gibts zwei:
Erstens ist meinem Gastvater, solange er A/C hat, ziemlich Wurst wie der Platz aussieht. Wuerde ihm gar nicht auffallen, wenn die Wohnung zum Beispiel nicht geputzt wuerde.
Der zweite, wichtigere Grund ist die Kundschaft. Waer das Buero in einem top Zustand, neue Moebel, gute Stuehle... so denkt der Kunde, dass die Produkte ueberteuert verkauft wuerden und somit koenne sich mein Gastvater all das leisten.

Hab auch nocheinmal die Folge der Ueberbevoelkerung gesehen: Uneffizienz. Vier erwachsene Menschen sitzen in einem kleinen Buero und langweilen sich, weil's nichts zu tun gibt. Man stellt vier Leute an, weil Arbeitskraefte so billig sind und es sie zu Haufen gibt. Und die erledigen dann die Arbeit, die in der Schweiz einer Person gegeben wird. Einer macht die Buchhaltung, der Chef (mein Vater) spricht mit den Klienten und  gibt Befehle ( muss er auch, Staff ist unausgebildet und unselbststaendig und fragt bei jedem kleinsten Schritt nach, was er tun soll). Die anderen zwei sind 'Maenner fuer alles'. Sie bringen Tee, nehmen die Produkte aus dem Regal, oeffnen Pakete oder gehen los, um Stifte zu kaufen, wenn ich gerade welche fuer die Schule brauchen.


Bin dann mit meiner Gastmutter noch durch die ganze 'Market area' gehetzt. Schlendern kann man bei so vielen Leuten nicht.
Ach, das hat mir gefallen! Die Velos mit 100 Paketen aufgetuermt, die kleinen Shops, vollgestopft mit einer bestimmten Ware und die engen Gaesslein. Schade fand ich einfach, dass es im Chennai Market nicht viele traditionelle (handwerks-) Produkte gibt. Vielmehr aber chinesisches Plastikgeschmaeus, das fuer nichts zu brauchen ist.


Wie generell in Indien: Ueberall Maenner, ganz wenige Frauen. Die sitzen naemlich in den Kuechen.

Habe diesen 'Sweets' Shop (Indische Suessigkeiten und Knabbersachen) betreten und mich gefuehlt als waer ganz Chennai dort drin. Eine unauffaellige, schmale Front und innen dann das Gedraengel. Hier wurde dann hingegen wieder so effizient und schnell gearbeitet, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass meine Mutter die Suessigkeiten schon gekauft bekommen hat als wir wieder rausgeloffen sind.



In diesem Teil der Stadt (etwa 3/4 Stunde vom Wohnort entfernt) gibts auch die archaeologisch wertvolleren Gebaude, alle aus verschiedenen Zeiten aber in einer Reihe aufgebaut. Folgend Fotos aus dem Auto geschossen:



Moghul (Muslimische) Architektur. Heute ein Hotel fuer muslimische Besucher

Chennai Central - Bahnhof - British time

Neues Erlebnis: Am Sonntag besuchte ich in der Kirche eine katholische, indische Hochzeit. Zu meinem Erstaunen war die ganze Zeremonie gar nicht so anders - ausser dass sie mit ihren Bischoefen und gesungenen Versen und dem knielen bei Gebeten halt sehr katholishc war, was ich mir weniger gewoehnt bin.
Das faszinierendste fand ich jedoch das Hochzeitskleid: Die Braut trug einen voellig goldenen Saree, von Kopf bis Fuss mit Goldschmuck behaengt (wie kanns anders sein) und einen goldenen Puffschleier. Ein Anblick, sag ich euch! Was das so immer rauskommt, wenn man Indisches mit Westlichem mixt... Leider hab ich kein Bild davon.

St. Theresa Church



Zum Abschluss will ich ueber das Thema Armut schreiben. Vor meiner Ankunft hab ich befuerchtet, dass mich die Armut schon emotional schocken wird. Jegliches traf aber weniger zu, als erwartet.
Ja, Ungerechtigkeit macht mich wuetend - hat's schon immer - und Ungerechtigkeit gibts mit dem indischen Kastensystem zu Haufen. Aber desto mehr ich vom indischen System verstanden habe, desto mehr habe ich gelernt, nihct an jedem Punkt Mitleid zu haben.

Meiner Meinung nach gibt es grob zwei Typen von Armen.

Das sind einerseits die Armen in der Stadt. Am Strassenrand leben sie in Huetten. Und man sagt 'Ach, die tun mir so Leid'. Was man aber nicht sieht: Die Regierung gab diesen Leuten Wohnungen, welche sie dann teurer vermieten. Da gibts zum Beispiel eine alte Frau, die die Kleider aller in der Strasse lebenden Familien glaettet. Sie und ihre Familie besitzt 4 Wohnungen, von der Regierung gegeben. Wohnt aber selber auf der Strasse und schlaeft in unserer Garage. Die Wohnungen sind etwas ausserhalb der Stadt. DOrt haetten sie nicht so viel Arbeit. Und wuerde weniger Armutsentschaedigung (in Essensgutscheinen usw.) vom Staat bekommen als wenn sie immernoch auf der Strasse lebt.
Die Armen in der Stadt, ja sie sind nicht so privilegiert, aber sie sind gescheit, koennen alle ums Ohr hauen. Man sieht Kinder in Lumpenkleider um die Huetten herum spielen, aber ich versichere euch: In die Schule gehen sie alle! Und nach der Ausbildung (zugegeben, die hat keinen hohen Standart) suchen sie sich keinen besseren Job aber leben das Leben der Eltern weiter. Teils ist dies Bequemlichkeit. Teils aber sicherlich auch das Kastensystem und die strenge Gesellschftsstruktur. Die Reichen bleiben reich, die Armen bleiben rm, weil sie nur untereinander heiraten.
Die meisten Reichen/ Mittelklasse wollen aber gar nicht, dass sich daran etwas aendert. Denn sobald es weniger Armut gibt, gibt es weniger, die ihre Drecksarbeit machen. Oder die Haushifen sind. Oder die Stifte fuer mich kaufen. Und solange es diese Haltung gibt, zusammen mit dem Kastensystem, aendert sich auch nichts. Ja, es ist schade. Aber die Armut selber beruehrt mich weniger als das ganze, sehr korrupte System und viele Morale, die ich nicht nachvollziehen kann. Und hier kann, meiner Meinung nach, nur Indien selbst Veraenderung bringen. Indien hat genug sher gescheite und gebildete Menschen. Leider geht davon ein Grossteil in den Westen, um die Sauberkeit usw. zu geniessen. Oder sie findens sowieso hoffnungslos, probieren Veraenderung zu bringen. Inder geben sich oft, mit dem was sie haben, zufrieden.
Ich will hier das Problem nicht kleiner machen, als es ist. Nimmt man da noch Gleichberechtigung der Geschlechter dazu. Gaebs eine einfache Loesung, waer alles anders. Das Problem ist riesengross.

Hier will ich noch festhalten: Die Haltung der indischen Gesellschaft hat sogut wie nichts mit Hinduismus zu tun! Nicht mehr, als ein durchschnittlicher Schweizer vom Christentum beeinflusst wird. Obwohl Religion gross ist in Indien, die eigentliche (sehr weise) Philosophie des Hinduismus (Hinduismus ist eigentlich keine Religion), spielt dabei weniger eine Rolle. Ein Thema fuer sich selber.


Hier noch zu der zweiten Kategorie Armen: Die Armen auf dem Land (60 % der Bevoelkerung). Naja, auf dem Land ist eigentlich jeder arm. Das sind vorallem Bauern. Diese schicken ihre Kinder nicht in die Schule, denn sie muessen zuhause helfen. Die haben wirklich keine andere Wahl. Die leben noch gleich wie vor 1000 Jahren. Hueten Schafe oder Kuehe. Unterhalten ihre kleinen Felder. diese Armut finde ich irgendwie wuerdevoller, aber nicht weniger schlimm. Ich finde, diese Armut ist soar mehr ernst zu nehmen. Es gibt zwar immer wieder die allzu bekannten 5- Jahres - Plaene mit guten Zielen. Jeoch hat die Regierung zu wenig Ressourcen um sie effizient umzusetzen, weil fast niemand Steuern zahlt. Und der Grund dafuer ist, dass die meisten Steuern in die luxurioesen Gaerten, Autos und Haeuser der Regierenden fliesst. Also am Ende ist es Korruption, die vieles zersoert.

Soviel von mir zu der Armut in Indien. Es gibt da sicher ahunderte Buecher, die das alles nochmal besser und fachmaennischer analysieren. Ich nenne das ganze jetzt zum Abschluss einfach mal: Ein riesiges Dilemma.